Nach Schicksalsschlag: Psychosoziale Akuthilfe des ASB Leine-Weser
Ein plötzlicher Todesfall, ein schwerer Unfall oder ein Gewaltverbrechen – Schicksalsschläge wie diese lassen Angehörige verzweifelt zurück. Genau dann sind die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer der Psychosozialen Akuthilfe des ASB Leine-Weser zur Stelle. Sie bieten Betroffenen in akuten Krisensituationen emotionale Unterstützung und praktische Hilfe.
„Wir werden zu Menschen gerufen, denen der Boden unter den Füßen weggezogen wird. Häufig sind das tödliche Verkehrsunfälle oder andere unerwartete Schicksalsschläge“, erklärt Jörg Brockhoff, ehrenamtlicher Leiter des Teams. „Unsere Aufgabe ist es, das soziale Leben so gut es geht wiederherzustellen.“ Im vergangenen Jahr wurden er und seine Kolleginnen und Kollegen 23-mal zu Einsätzen in der Region gerufen – immer dann, wenn schnelle Hilfe gefragt war.
Sicherheit und Halt in Ausnahmesituationen
Die Einsätze der Psychosozialen Akuthilfe beginnen in Momenten, in denen das Leben der Betroffenen plötzlich stillzustehen scheint. „Wir leisten Hilfe zur Selbsthilfe in Situationen, in denen Menschen nicht mehr handlungsfähig sind und zeigen ihnen Wege auf, wie es weitergehen kann“, so Brockhoff. Wichtig sei dabei, das Umfeld der Leidtragenden zu stabilisieren und zu prüfen, ob Freunde oder Familie Unterstützung leisten können. Ein Einsatz kann eine Stunde dauern oder auch mehrere Stunden, je nachdem, ob die Personen ruhigen Gewissens wieder alleine gelassen werden können. „Manchmal geht es einfach nur darum, da zu sein und die Situation gemeinsam auszuhalten. Wenn die Betroffenen schweigen möchten, dann schweigen wir einfach nur mit ihnen“, berichtet Hartmut Jamm, ehrenamtlicher Helfer im Team. Diese Stille sei schwer auszuhalten, helfe den Menschen aber oft mehr als viele Worte.
Es ist gut, wenn Familien dann zusammenhalten
Für Petra Stenske, die 2017 als Diplom-Psychologin die fachliche Leitung des 25-köpfigen Teams übernommen hat, steht vor allem die menschliche Verbindung im Vordergrund: „Zugang finden wir häufig dadurch, dass wir von eigenen Erfahrungen berichten oder einfach nur zuhören. Schön ist es, wenn die Familie in diesen schweren Zeiten zusammenhält. Letztlich ist es genau das, was wir durch unsere Interventionen erreichen wollen.“
In einigen Fällen endet der Einsatz jedoch nicht vor Ort. Wenn nötig, vermittelt das Team eine weiterführende psychologische oder seelsorgerische Betreuung.
Anspruchsvolle Ausbildung für neue Helferinnen und Helfer
Die Arbeit in der Psychosozialen Akuthilfe ist anspruchsvoll – sowohl fachlich als auch emotional. Deshalb legt der ASB großen Wert auf eine umfassende Ausbildung. Der nächste Lehrgang startet im Mai dieses Jahres.
„Zunächst prüfen wir in ein bis zwei Treffen, ob jemand grundsätzlich für diese Aufgabe geeignet ist“, erläutert Brockhoff. Anschließend folgen 120 Unterrichtseinheiten mit Rollenspielen, theoretischen und praktischen Prüfungen. Danach hospitieren die neuen Teammitglieder mindestens ein halbes Jahr, bevor sie eigenständig Einsätze übernehmen.
Achtsamkeit auch für die eigene Gesundheit
Die Helferinnen und Helfer müssen nicht nur für andere da sein, sondern auch auf ihre eigene psychische Gesundheit achten. „Jeder hat sein eigenes Ritual, um Einsätze zu verarbeiten“, berichtet Stenske. „Der eine joggt, der andere hört Musik. Wichtig ist, dass wir uns nach belastenden Situationen etwas Gutes tun.“
Auch Supervisionen und regelmäßige Nachbesprechungen gehören zum Konzept. „Man kann nur helfen, wenn man selbst im Gleichgewicht ist“, betont Brockhoff. Wer eine Auszeit benötigt, bekommt sie selbstverständlich.